Ich fragte das Blatt, ob es Angst habe, weil es Herbst sei und die anderen Blätter fallen würden.
Das Blatt sagte mir: „Nein. Während des ganzen Frühlings und Sommers war ich vollkommen lebendig. Ich habe hart gearbeitet, um den Baum zu ernähren, und jetzt ist ein grosser Teil von mir im Baum. Ich bin nicht nur diese Form. Ich bin auch der ganze Baum, und wenn ich zur Erde zurückkehre, werde ich den Baum weiterhin nähren. Deshalb mache ich mir keine Sorgen. Wenn ich diesen Ast verlasse und zum Boden schwebe, werde ich dem Baum zuwinken und ihm sagen: Ich werde dich sehr bald wiedersehen.“
An diesem Tag wehte ein Wind, und nach einer Weile sah ich, wie das Blatt den Zweig verliess und freudig tanzend zum Boden schwebte, denn als es schwebte, sah es sich bereits im Baum. Es war so glücklich. Ich senkte den Kopf und wusste, dass ich von dem Blatt viel zu lernen habe.
Schau also bitte genau hin und du wirst erkennen, dass du schon immer hier warst. Lasst uns gemeinsam in das Leben eines Blattes eintauchen und mit ihm eins werden. Lasst uns eintauchen und mit allem eins werden, um unsere eigene Natur zu erkennen und frei von Angst zu sein. Wenn wir tief genug blicken, werden wir Geburt und Tod überwinden.
Morgen werde ich weiterhin existieren. Aber du wirst sehr aufmerksam sein müssen, um mich zu erkennen. Ich werde eine Blume oder ein Blatt sein. Ich werde in diesen verschiedenen Formen erscheinen und dich freundlich grüssen. Wenn du aufmerksam genug bist, wirst du mich erkennen, und du kannst mich begrüssen. Ich werde sehr glücklich sein.
Von Thich Nhat Hanh